

BÄRBEL BOHLEY
„Besonders mutig fühlte sich keine von uns, eher wollten wir schlau sein wie die Schlangen.“
KINDHEIT UND JUGEND
Bohley wuchs in Berlin unter einfachen Arbeiterverhältnissen auf. Schon früh zeigte sie Interesse an Kunst und entschied sich, Kunst zu studieren. Durch ihr Studium kam sie in Kontakt mit oppositionellen Kreisen, was ihr politisches Bewusstsein schärfte. Trotz der repressiven Atmosphäre in der DDR, die ihre Kreativität und den Austausch mit anderen Künstlern einschränkte, zeigte sie sich entschlossen, ihre Freiheit zu wahren. Sie fühlte sich zunehmend von den politischen Einschränkungen und der Überwachung durch das Regime eingeengt, doch ihre Leidenschaft für Kunst und politische Veränderung ließ sie nicht los.
ALS ERWACHSENE
1980 trat Bohley erstmals durch ihren Appell „Anstiftung für den Frieden“ als Aktivistin in Erscheinung. In ihren Interviews und persönlichen Aussagen betonte sie, dass ihr Engagement nicht nur der Kunst galt, sondern dass sie ein umfassendes gesellschaftliches Engagement anstrebte. Sie äußerte im August 1988 gegenüber Der Spiegel: „Wenn ich nur hätte malen wollen, wäre ich mit 30 aus der DDR weggegangen. Aber mein Leben ist halt nicht nur Malerei.“ In enger Zusammenarbeit mit anderen Oppositionellen wie Katja Havemann und Ulrike Poppe setzte sie sich für eine friedliche Veränderung in der DDR ein, was sie zunehmend der staatlichen Überwachung und Repression aussetzte.
IHR SCHAFFEN
Bohley war nicht nur als Künstlerin tätig, sondern auch als engagierte Aktivistin in der Frauen- und Friedensbewegung. Sie strebte an, innerhalb der DDR Veränderungen zu bewirken, ohne das Land zu verlassen. Durch ihre Verbindungen zu verschiedenen oppositionellen Gruppen, auch zu westdeutschen Bürgerrechtlerinnen wie Petra Kelly, spielte sie eine entscheidende Rolle im Aufkommen der Bürgerrechtsbewegung. Sie war überzeugt, dass der Wandel von unten, durch direkte politische Beteiligung und offenen Dialog, erfolgen müsse. Ihre Wohnung in Berlin-Prenzlauer Berg wurde zum Zentrum des „Neuen Forums“, einer politischen Sammlungsbewegung, die einen demokratischen Dialog und mehr politische Partizipation forderte.
IM WIDERSTAND
Gemeinsam mit Ulrike Poppe kam sie wegen des „Verdachts auf landesverräterischer Nachrichtenübermittlung“ im Gefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Hohenschönhausen in Untersuchungshaft. Nach internationalen Protesten wurde sie entlassen, erhielt jedoch ein Auslandsreiseverbot und durfte ihre Kunstwerke nicht mehr öffentlich ausstellen. Zudem blieben ihr staatliche Aufträge verwehrt. Als sie Anfang 1988 nach Westdeutschland ausgewiesen wird, kehrt sie ein halbes Jahr später in die DDR zurück. Durch ihre vielfältigen Kontakte zu unterschiedlichen Oppositionskreisen gehört Bohley im Frühjahr 1989 zu den Gründern des „Neuen Forums“, welches für einen demokratischen Dialog und politische Partizipation eintritt. Die Wohnung von Bohley in Berlin-Prenzlauer Berg wurde in der Folge zum Knotenpunkt der sich formierenden Sammlungsbewegung Neues Forum. Ganz bewusst will sie damit eine Bewegung ‚von unten‘ anstoßen, die ihre Opposition zum DDR-Regime schließlich in Massenprotesten Ende 1989 deutlich machte.
NACH DER WIEDERVEREINIGUNG
Von Mai bis Dezember 1990 war sie Mitglied in der Ost-Berliner Stadtverordnetenversammlung. Unter der Parole „Meine Akte gehört mir“ besetzte sie mit anderen Bürgerrechtlern Anfang September 1990 das Gebäude des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit in der Berliner Normannenstraße. Mit einem gemeinsamen Hungerstreik wollten die Aktivisten auf die Notwendigkeit einer Öffnung der Stasi-Akten (Beobachtungsprotokolle von Oppositionellen in der DDR und allen weiteren Bürgern) aufmerksam machen, sowohl für die persönliche Einsichtnahme der Opfer als auch für die historische Aufarbeitung der DDR.
TREIBENDE KRAFT DER FRIEDLICHEN REVOLUTION
Erkunde das Leben und Engagement von Bohley, einer Aktivistin der Friedlichen Revolution. Vom Widerstand in der DDR über ihre Mitbegründung des „Neuen Forums“ bis hin zu ihrem unermüdlichen Einsatz für die Demokratisierung und die Öffnung der Stasi-Akten – Bohley prägte mit ihrem Engagement nicht nur die Revolution von 1989, sondern setzte auch Maßstäbe für die politische Teilhabe und den demokratischen Wandel in der wiedervereinigten Bundesrepublik. Auf dieser Seite findest du weiterführende Informationen zu ihrer Biografie, ihrem politischen Wirken und ihren Schriften, die auch heute noch relevant sind. Tauche ein in das Leben einer Frau, die für ihre Ideale kämpfte und einen bleibenden Einfluss auf die deutsche Geschichte hinterließ.

WEGBEREITERIN DER FRIEDLICHEN REVOLUTION
Das Neue Forum war eine der wichtigsten oppositionellen Bewegungen in der DDR, die 1989 gegründet wurde, um demokratische Reformen und eine politische Öffnung zu fordern. Es entstand aus dem Zusammenschluss von Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern, die sich für mehr politische Mitbestimmung, Meinungsfreiheit und die Achtung der Menschenrechte einsetzten. Das Neue Forum setzte sich für einen Dialog mit der Regierung ein, um die bestehende Diktatur friedlich zu überwinden und eine demokratische Gesellschaft zu schaffen. Es wurde zu einem wichtigen Katalysator für die Montagsdemonstrationen und trug maßgeblich zum Erfolg der Friedlichen Revolution bei. Die Bewegung forderte nicht nur politische Veränderungen, sondern auch die grundlegende Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR. Bärbel Bohley war eine zentrale Figur im „Neuen Forum“.
„Die DDR wollte Gehorsam und zog Widerständler heran, unser Staat will den mündigen Bürger und erntet ein Schulterzucken. Im gewissen Sinne ist es einfacher, in einer Diktatur auf die Straße zu gehen als in einer demokratischen Gesellschaft, die unzählige Möglichkeiten für Ablenkung und für Freizeitspaß bietet. Aber der Staat greift weiterhin ständig ins Leben des Einzelnen ein. Geistige Unterdrückung gibt es auch heute.“
Bärbel Bohley, 2009, in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung (SZ)
ZITATE VON BÄRBEL BOHLEY
ZEITSTRAHL
HISTORISCHES EREIGNIS
BÄRBEL BOHLEY
1945
Geburt in Berlin als Tochter eines Konstrukteurs.
1963
Nach dem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau und arbeitete anschließend als Lehrausbilderin und im Kulturbereich.
1969
Beginn eines Malerstudiums an der renommierten Kunsthochschule Berlin-Weißensee.
1974
Freischaffende Malerin in Ost-Berlin, künstlerische Vorbilder waren nach eigenen Angaben Käthe Kollwitz und Francisco Goya.
VIDEOS VON SCHÜLERINNEN UND SCHÜLERN
MATERIAL
Hier kannst du dich über das Leben von Bärbel Bohley und die Revolution 1989 informieren. Wir haben dafür Links und Downloads bereitgestellt. Wähle selbst, ob du mit einem Text, einem Radiobeitrag/Podcast oder einem Video beginnen möchtest.
Bärbel Bohley – Kämpferin für Gerechtigkeit und Frieden
Bärbel Bohley spricht vor Studenten über die Friedliche Revolution 1989: „Für mich beginnt mit 1989 ein wirklicher Aufbruch in die Geschichte“
„Abschied von einer Revolutionärin“
Die Tageszeitung (taz) erinnert an Bärbel Bohley.
„Ohne Frauen ist kein Staat zu machen“
Ein Artikel über das Engagement von Frauen in der Friedlichen Revolution 1989.
Bärbel Bohley und Wolf Biermann im DLF
Wie Bärbel Bohley den Liedermacher Wolf Biermann für eine Revolution gewinnen wollte.
Die „Frauen für den Frieden“ um Bärbel Bohley
Der Deutschlandfunk erinnert an den Beginn der Polit-Tätigkeiten Bohleys bei den Frauen für den Frieden.
„Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat“
Rückblick auf die Friedliche Revolution 1989 im Deutschlandfunk.
„Wie die „Frauen für den Frieden“ gegen das Regime protestierten“
Eine Deutschlandfunk-Audioreportage über die Frauen für den Frieden.
„Mir wäre lieber gewesen, Biermann hätte hier gesungen, als dass Markus Wolf redet“
Bärbel Bohley wird 1989 auf dem Alexanderplatz live interviewt.
Ulrike Poppe, eine Freundin Bohleys, erinnert sich an die gemeinsame politische Arbeit und Repressionen seitens der DDR.
„Oh nee, es geht nicht!“
Rückblick auf Bärbel Bohley.