Porträtfoto von Katrin Hattenhauer mit Brille und gemustertem Pullover, daneben lilafarbene Grafik der Nikolaikirche Leipzig mit der Zahl 1989. Porträtfoto von Katrin Hattenhauer mit Brille und gemustertem Pullover, daneben lilafarbene Grafik der Nikolaikirche Leipzig mit der Zahl 1989.

KATRIN HATTENHAUER

„Nehmt euch die Freiheit, lebt eure Träume.“

KINDHEIT UND JUGEND

Katrin Hattenhauer wurde 1960 in einer katholischen Familie in der DDR geboren. Ihre Eltern, die einen festen moralischen Standpunkt vertraten, prägten ihre frühe Kindheit, auch wenn sie in einer Gesellschaft aufwuchs, die von politischer Unterdrückung und Zensur geprägt war. Ihre Kindheit und Jugend verliefen eher unauffällig, doch schon früh entwickelte sie ein starkes Bewusstsein für Gerechtigkeit und Freiheit und merkt, dass ihre Träume nicht dem traditionellen Weg entsprechen.

Sie durfte kein Abitur machen und begann nach der Schule als Puppenspielerin am Theater ihrer Heimatstadt zu arbeiten. Dieses frühe Engagement in der Kultur war für sie ein Weg, sich mit den Gegebenheiten der DDR auseinanderzusetzen.

ALS ERWACHSENE

Mit 28 Jahren begann sie 1988 ein Studium am Theologischen Seminar in Leipzig. Doch ihre politische Haltung brachte sie schnell in Konflikte mit den Behörden. Nach nur sechs Monaten musste sie ihr Studium abbrechen, weil sie bei Demonstrationen Flugblätter gegen die DDR-Regierung verteilte.

Das hinderte sie aber nicht daran, weiter für ihre Überzeugungen zu kämpfen. Sie wurde aktiv im Arbeitskreis Gerechtigkeit, einer  unabhängigen Oppositionsgruppe in Leipzig, die sich im Netzwerk der Initiative Frieden und Menschenrechte engagierte. Die Gruppe beteiligte sich an den montäglichen Friedensgebeten in der Nikolaikirche, – einem Zentrum des Widerstandes in Leipzig, das von Pfarrer Christoph Wonneberger koordiniert wurde. Katrin Hattenhauer war mit dabei und setzte sich weiterhin für Freiheit und Veränderung ein.

FRIEDLICHE REVOLUTION - FORDERUNGEN

Katrin Hattenhauer spielte eine entscheidende Rolle bei den ersten Demonstrationen in Leipzig. Am 4. September 1989, einem Messemontag, an dem westdeutsche Journalisten in Leipzig berichten durften, ging Katrin Hattenhauer einen mutigen Schritt. Gemeinsam mit  Gesine Oltmanns und anderen Oppositionellen organisierte sie nach dem Friedensgebet eine Demonstration vor der Nikolaikirche. Ihre Forderungen: Freiheit, Demokratie und Reisefreiheit.  Sie hielten fünf Transparente hoch, darunter eines mit der Forderung: „Für ein offenes Land mit freien Menschen“ und „Reisefreiheit statt Massenflucht“.  Die Stasi reagierte sofort, riss die Transparente herunter, doch aufgrund der laufenden West-Kameras verhafteten sie diesmal niemanden. Die westdeutsche Tagesschau berichtete am Abend darüber und machte die Aktion bundesweit bekannt.

FRIEDLICHE REVOLUTION - INHAFTIERUNG

Der Widerstand ging weiter. Am  11. September 1989 wurde Katrin Hattenhauer auf dem Nikolaikirchhof verhaftet und bis zum 13. Oktober in  die Stasi-Untersuchungshaftanstalt in Leipzig festgehalten. Jeden Montag folgten größere Demonstrationen in Leipzig, bei denen immer mehr Menschen verhaftet wurden. Die für die Freilassung der Inhaftierten organisierten Fürbittgottesdienste und Mahnwachen verbreiteten sich in ganz Ostdeutschland. Hattenhauer war durch ihr politisches Engagement bekannt und hatte Kontakte zu verschiedenen oppositionellen und kirchlichen Gruppen in der DDR. Sie hatte sich auch an überregionalen Ökologie-Seminaren beteiligt und pflegte Verbindungen zur Umweltbibliothek in Ost-Berlin.

NACH DER WIEDERVEREINIGUNG

Ab 1991 engagierte sich Katrin Hattenhauer maßgeblich beim Aufbau des Archivs Bürgerbewegung Leipzig, um die Erinnerung an die Friedliche Revolution zu bewahren. 2009 wurde  sie zusammen mit dem Bürgerrechtler Jochen Läßig Teil der Eröffnung des „Lichtfest“, das an den historischen 9. Oktober 1989 erinnert – den Tag, an dem sich in Leipzig der Umbruch abzeichnete. Am 9. November 2009 trat sie zudem als Rednerin beim „Fest der Freiheit“ am Brandenburger Tor auf und verkündet ihre Botschaft: „Nehmt euch die Freiheit, lebt eure Träume.“

Icon einer schwarzen Lupe.

AKTIVISTIN DER FRIEDLICHEN REVOLUTION

Entdecke das Engagement von Katrin Hattenhauer, einer Stimme der Friedlichen Revolution 1989. Auf dieser Seite findest du eine Sammlung von Quellenmaterial und weiterführenden Informationen zu ihrer Biografie sowie ihrer bedeutenden Rolle während der Friedlichen Revolution 1989,  ihr Einsatz in der Leipziger Nikolaikirche, ihre Mitwirkung an den Montagsdemonstrationen und ihr Widerstand gegen die DDR-Regierung. Außerdem teilen Schülerinnen und Schüler in kreativen Videos ihre Auseinandersetzung mit Hattenhauers Leben und Engagement. Tauche ein in das Leben einer Frau ein, die sich für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einsetzte.

Mitarbeiter des Staatsicherheitsdienstes (Stasi) entreissen DDR-Bürgern bei einer Demonstration am 4. September 1989 durch die Leipziger Innenstadt ein Transparent auf dem "Reisefreiheit statt Massenflucht" steht.
picture alliance / Wolfgang Kumm | Wolfgang Kumm

SYMBOL DES LEIPZIGER WIDERSTANDS

Am 4. September 1989 initiierte Katrin Hattenhauer zusammen mit anderen oppositionellen Aktivistinnen und Aktivisten eine der ersten öffentlichen Demonstrationen vor der Nikolaikirche in Leipzig – sie setzten ein deutliches Zeichen des Widerstands gegen die SED-Diktatur. Sie forderten  mehr politischer Freiheit und einem Ende der Unterdrückung.

Hattenhauer, Gesine Oltmanns und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter hatten mehrere Transparente vorbereitet, auf denen Parolen wie „Für ein offenes Land mit freien Menschen“ und „Reisefreiheit statt Massenflucht“ standen. Dank der Anwesenheit westlicher Medien gelang es den Protestierenden, ihre Botschaft weit über die Grenzen der DDR hinaus bekannt zu machen. Der internationale Druck und die Aufmerksamkeit trugen dazu bei, dass die Bewegung an Dynamik gewann. Ihr Wirken an der Nikolaikirche und ihre Rolle in der ersten öffentlich sichtbaren Demonstration in Leipzig machten sie zu einer Schlüsselfigur der Friedlichen Revolution.

„Wir wollten nicht länger die Stummen in der Gesellschaft sein. Wir wollten, dass unsere Stimmen gehört werden – für die Freiheit, für die Gerechtigkeit.“

Katrin Hattenhauer in einem Interview zur Friedlichen Revolution (2014)
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ZITATE VON KATRIN HATTENHAUER

ZEITSTRAHL

HISTORISCHES EREIGNIS

KATRIN HATTENHAUER

1968

Geburt in Nordhausen, Thüringen. Schon als Kind malte sie gern, war schon in jungen Jahren als Kulissenmalerin am Puppentheater beschäftigt.

März 1985

Der neue Generalsekretär der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, vollzog eine Abkehr von der Breschnew-Doktrin. Die sogenannten sozialistischen Brüderstaaten der Sowjetunion durften nun eigene Wege gehen. Innerhalb Polens, der Tschechoslowakei und Ungarn kam es sogleich zu Reformbewegungen.

Februar 1986

Gorbatschow führte auf dem XXVII. Parteitag in einem Grundsatzreferat erstmals den Begriff Glasnost ein. Es war die Wende hin zu einer demokratischeren Sowjetunion, zu mehr Rede-, Meinungs- und Pressefreiheit im Land.

1988

Engagement in verschiedenen kirchlichen, oppositionellen Gruppen und Aufnahme eines Theologiestudiums in Leipzig: „Ich wollte Pfarrerin werden, weil ich Christin bin und weil ich dem Staat nicht dienen wollte.“ In ihrem Zimmer hatte sie ein Gerät zum Vervielfältigen von Flugblättern.

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VIDEOS VON SCHÜLERINNEN UND SCHÜLERN

MATERIAL

Hier kannst du dich über das Leben von Katrin Hattenhauer und die Friedliche Revolution 1989 informieren. Wir haben dafür Links und Downloads bereitgestellt. Wähle selbst, ob du mit einem Text, einem Radiobeitrag/Podcast oder einem Video beginnen möchtest.

Katrin Hattenhauer Wirken vor und während der Friedlichen Revolution 1989

Ein Porträt über die Bürgerrechtlerin Katrin Hattenhauer

„Wir haben gehofft, die Menschen in Leipzig und im ganzen Land im wahrsten Sinne des Wortes zu bewegen“

Ein Interview mit Katrin Hattenhauer in der Tageszeitung ND der Tag (2024)

Bürgerrechtlerin und Staatsfeind

Katrin Hattenhauer im Deutschlandfunk

Hattenhauer und die Angst vor Repressionen

Ein Gespräch mit Radio Glasnost aus dem Jahr 1989

Die Bürgerrechtler und der Osten

Eine Radioreportage des Deutschlandfunks mit Protagonistinnen der Friedlichen Revolution zur Situation in Ostdeutschland heute

Katrin Hattenhauer erinnert sich an den Mauerfall

Ein Beitrag der Deutschen Welle (DW)

Ein Porträt der DDR-Bürgerrechtlerin Katrin Hattenhauer

ARD

Protestaktion vor der Nikolaikirche

Gesine Oltmanns erinnert sich an die gemeinsame Plakataktion (Zeitzeugen-Portal)

„Wir wollen raus!“

Die tagesschau berichtet über die Protestaktion von Katrin Hattenhauer und Gesine Oltmanns vor der Nikolaikirche