

MALWIDA VON MEYSENBUG
„Wenn die Frauen auch politisch emanzipiert würden, d.h. wenn sie, wie es sich gehört, gleiche politische Rechte mit dem Manne hätten, wie viel gute Folgen würde das haben!“
KINDHEIT UND JUGEND
Am 28. Oktober 1816 wurde Amalie Malwida Wilhelmina Tamina Rivalier in Kassel als Tochter des Ministers Carl Philipp Rivalier am Kurfürstlichen Hof in Kassel geboren. 1825 wurde Malwida mit dem Namen von Meysenbug in den Adelsstand erhoben.
Ihre Familie gehörte dem bürgerlichen, aber wohlhabenden Kreis an, und sie genoss eine umfassende Bildung durch private Hauslehrer, wobei ihr Schwerpunkt auf Literatur und Sprachen lag. Sie beherrschte Französisch, Italienisch, Englisch, Latein und Griechisch, was ihr später in ihrer Tätigkeit als Übersetzerin und Kosmopolitin zugutekam.
Ihre Kindheit, geprägt von Wohlstand und Bildung, endete abrupt im Jahr 1830 mit der französischen Juli-Revolution, die auch in Kassel Auswirkungen hatte. In Folge des „Kasseler Bäckersturms“ floh die Familie nach Frankfurt am Main. Der frühe Tod ihres Vaters 1832 führte dazu, dass ihre Mutter mit den Kindern nach Detmold zog. Dort entwickelte Malwida eine demokratisch-idealistische Haltung, beeinflusst von den Gedanken des Vormärz.
ALS ERWACHSENE
Sie engagierte sich in sozialen Projekten, unter anderem gründete sie einen Verein zur Unterstützung armer Familien. In Detmold lernte sie 1833 auch Theodor Althaus kennen und begann eine Freundschaft mit dem deutschen Philosophen und Revolutionär. Diese geistige Verbindung hatte Einfluss auf ihr weiteres Leben und Denken. Ihre gesellschaftliche Tätigkeit und ihr Engagement nahmen weiter zu, insbesondere nach dem Umzug nach Frankfurt.
Dort traf sie auf führende Vertreter der liberalen und demokratischen Bewegung, darunter die Brüder von Gagern, die sich für eine Einigung und demokratische Reformen in Deutschland einsetzten. Diese Zeit der politischen Aufklärung und Diskussionen beeinflusste ihr weiteres Engagement in der Frauen- und Demokratiebewegung. Sie wurde zunehmend politisch aktiv und setzte sich für die Rechte der Frauen und die Demokratisierung der Gesellschaft ein.
IHR SCHAFFEN
Malwida von Meysenbug verfasste eine Vielzahl von Schriften, die vor allem von ihren demokratischen und emanzipatorischen Idealen geprägt waren. Ihre Werke, die die Themen Freiheit, Demokratie und die politische Rolle der Frauen betrafen, fanden nicht nur in deutschen, sondern auch in internationalen Kreisen Beachtung.
Schon früh zeigte sie Interesse an sozialen Fragen und gründete in jungen Jahren einen Verein zur Unterstützung von Bedürftigen. Später begleitete sie als Übersetzerin und Schriftstellerin politische Bewegungen in Europa. Ihre Reisen und ihre Kontakte zu bedeutenden Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, wie etwa dem italienischen Freiheitskämpfer Giuseppe Mazzini und dem Philosophen Friedrich Nietzsche, prägten ihre Weltsicht und förderten ihren interkulturellen Austausch.
REVOLUTION 1848
Die Revolution von 1848 fand Malwida von Meysenbug mitten im politischen Geschehen in Frankfurt. Obwohl Frauen in der ersten deutschen Nationalversammlung nicht zugelassen waren, gelang es Malwida, sich heimlich in eine Versammlung des Frankfurter Vorparlaments einzuschleichen. Sie versteckte sich hinter einem Vorhang und erlebte das historische Ereignis als engagierte Beobachterin.
Später erinnerte sie sich voller Hoffnung an diese Tage: „Ich sah meine Träume Wahrheit werden, eine reiche, freie lebensvolle Zukunft sich für Deutschland öffnen.“ Sie war von den demokratischen Bestrebungen und dem Potential der Revolution begeistert.
NACH DER REVOLUTION
Mit dem Scheitern der Revolution ging von Meysenbug nach Hamburg und versuchte, an der Hochschule für das weibliche Geschlecht ihre Ideale mit einer Ausbildung zu verknüpfen. Die Hochschule galt als fortschrittlich, hatte sie doch ihre Wurzeln in den Ideen der Emanzipation der Frau, der demokratisch-oppositionellen Bewegung und einer Religionsreform. 1852 wurde die Hochschule allerdings aufgelöst und Malwida von Meysenbug flüchtete nach London. Dort arbeitete sie als Lehrerin und Übersetzerin, wobei sie ihre Sprachkenntnisse nutzte, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. In London pflegte sie Kontakte zu revolutionären Denkern wie dem russischen Publizisten Alexander Herzen.
Malwida von Meysenbug begann nun an unterschiedlichen Orten in Europa zu leben: London, Paris, Bayreuth und ab 1866 bevorzugt Italien – zunächst Florenz, dann Rom. Währenddessen pflegte sie Freundschaften und Kontakt zu vielen Größen dieser Zeit.
VERGESSENE KÄMPFERIN DER DEUTSCHEN FRAUENBEWEGUNG
Erkunde das Leben und Engagement von Malwida von Meysenbug, einer der frühen Vorkämpferinnen der Frauenbewegung und einer Kämpferin für Demokratie und Freiheit im 19. Jahrhundert. Auf dieser Seite findest du weiterführende Informationen zu ihrer Biografie, ihren politischen Aktivitäten und ihrem Einfluss auf die revolutionären Bewegungen ihrer Zeit. In kreativen Videos setzen sich Schülerinnen und Schüler mit ihrem Leben und Vermächtnis auseinander. Tauche ein in die Geschichte einer Frau, die nicht nur die Politik ihrer Zeit prägte, sondern auch als Idealistin für eine gerechtere Gesellschaft kämpfte.

MEMOIREN EINER IDEALISTIN
1867 veröffentlichte sie ihre berühmten „Mémoires d’une idéaliste“ (Memoiren einer Idealistin), die ein Bestseller wurden. In diesen Memoiren schilderte sie ihre Erfahrungen während der Revolution und ihre Ideale von Demokratie und Gleichberechtigung. Sie war 1901 die einzige Frau, die für den Literaturnobelpreis nominiert wurde.
Umstritten ist bis heute ihr politisches Wirken. Von den einen als Kämpferin und Rebellin gesehen, galt sie auch als unpolitische bürgerliche Tochter. Ihre politische und gesellschaftliche Bedeutung wurde sowohl von der bürgerlichen Frauenbewegung als auch von der DDR gewürdigt, und sie wurde später in der Neuen Frauenbewegung der Bundesrepublik wiederentdeckt.
„Die Frau muss vor dem Gesetz vollständig gleich berechtigt sein mit dem Mann; sie muss die unabhängige Verwalterin ihres Vermögens, sie muss als Zeugin vor Gericht gültig sein, kurz, sie muss aller jener Rechte genießen, deren der Mann vor dem Gesetz genießt.“
Forderungen von Malwida von Maysenbug
ZUR ÖKONOMISCHEN GLEICHHEIT VON MÄNNERN UND FRAUEN
Dieses Zitat von Malwida von Meysenbug ist Teil ihrer berühmt gewordenen Schrift „Memoiren einer Idealistin“ für die sie 1901 als erste Frau für den Literaturnobelpreis nominiert wurde.
In dem Zitat erinnert sie an eine von ihr selbst besuchte sogenannte Hamburger Frauenhochschule. Sie sollte es den Frauen ermöglich, durch Bildung unabhängig zu werden. Und damit auch nur sich selbst Zweck sein, eigene Bedürfnisse zu entwickeln und nicht für Männer oder deren Zwecke zu leben. Die Hamburger Frauenhochschule, in die von Meysenbug erst ab ihrem 32. Lebensjahr eintrat, ermöglichte Frauen eine Ausbildung in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch, Geschichte und Geographie, Zeichnen, Botanik, Raumlehre, Physik und nicht zuletzt Erziehungslehre. Doch schon 1852 wurde sie von den Behörden aufgelöst.
„Die ökonomische Unabhängigkeit der Frau möglich zu machen durch die Entwicklung zu einem Wesen, das zunächst sich selbst Zweck ist und sich frei nach den Bedürfnissen und Fähigkeiten seiner Natur entwickeln kann – das war das Prinzip, auf das die Anstalt [die Hamburger Hochschule für das weibliche Geschlecht] gegründet war.“
ZEITSTRAHL
HISTORISCHES EREIGNIS
MALWIDA VON MEYSENBUG
1816
Geburt in Kassel als Tochter des kurhessischen Hofbeamten Carl Philipp Rivalier.
1825
Ihr Vater wurde durch Namensmehrung in den erblichen kurhessischen Adelsstand erhoben. Malwida, das neunte von zehn Kindern, erhielt einen neuen Nachnamen und stieg in den Rang einer Freiin auf. Eine hohe kulturelle Bildung in Sprachen und Literatur erfährt sie durch ihre Mutter Ernestine (geborene Hansell) sowie Hauslehrern.
1830
In Frankreich ergriff das Bürgertum wieder die Macht, als König Karl X. versuchte, die Vorherrschaft des Adels wiederherzustellen und dafür das Parlament auflöste. Im Juli erhoben sich in Paris Handwerker, Arbeiter und Studenten und zwangen den König zur Abdankung und Flucht nach England.
1830
Politische Unruhen in Kassel zwangen die Familie zur Flucht nach Frankfurt.
MATERIAL
Hier kannst du dich über das Leben von Malwida von Meysenbug und die Revolution 1848 informieren. Wir haben dafür Links und Downloads bereitgestellt. Wähle selbst, ob du mit einem Text, einem Radiobeitrag/Podcast oder einem Video beginnen möchtest.
Porträt von Malwida von Meysenbug beim digitalen deutschen Frauenarchiv (DDF)